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Ein geplanter Abschied, der schmerzt

  • xaverlichtenberg
  • 19. Okt. 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Apr.

Echt tierisch Christian Niederlein über einen langjährigen Patienten


Foto: pexels-rodolfo-quirós
Foto: pexels-rodolfo-quirós

Es ist ein Freitagvormittag Anfang Februar. Ich muss leider mal wieder zu einem dieser Besuche in einen Pferdestall fahren, bei denen ich mich sträube, sie zur Routine werden zu lassen.


Einer meiner ältesten Pferdepatienten wird von mir heute im Alter von knapp 32 Jahren eingeschläfert. Dieser geplanten Entscheidung vorausgegangen ist eine jahrelange intensive Pflege und Betreuung durch seine Besitzerin, die sich diese endgültige Entscheidung auch nicht leicht gemacht hat.


Der unausweichliche Moment

Sicherlich hat es auch in den vergangenen Jahren schon die eine oder andere Situation gegeben, bei der man kurz über eine Euthanasie nachgedacht hat. Letztlich war es aber immer wieder so, dass sich der Lebenswille des Pferdes schnell wieder einstellte, und es dann auch wieder eine akzeptable Lebensqualität erlangte, nicht zuletzt auch deshalb, weil ihm durch seine Besitzerin eine optimierte und an sein Alter angepasste Haltung ermöglicht wurde. Dazu gehörten neben den obligatorischen Impfungen und Wurmkuren auch regelmäßige Gebiss-Kontrollen und Korrekturen und in den letzten Jahren zusätzlich eine spezielle Fütterung mit sogenanntem Mash und Heucobs zur erleichterten Futteraufnahme.


Nun ist aber dennoch der Zeitpunkt gekommen, an dem sich sein Allgemeinzustand so stark verschlechtert hat und die Futteraufnahme nicht mehr ausreicht. Er müsste quasi zwangsernährt werden. Deshalb sehe ich bei ihm auch einen gerechtfertigten Einsatz der Möglichkeit zur Euthanasie. Alle noch möglichen tierärztlichen Maßnahmen versprechen keinen nachhaltigen Erfolg, bedeuten zugleich aber eine Verlängerung von unnötigem Leid. Erst vor zwei Tagen habe ich ihn wieder als Notfallpatient behandeln müssen und im Anschluss ist die Pferdehalterin mit mir übereingekommen, nun das Ende geplant durchzuführen. Damit möchten wir einem absehbaren, möglicherweise dramatischen Tod des Tieres zuvorkommen. Vor Ort verläuft nun alles so, wie es sein soll … Die Frau bleibt anschließend allein und nimmt Abschied von ihrem jahrelangen Weggefährten. Ich fahre weiter zum nächsten Patienten. Während ich im Auto sitze und nun meine „Arbeit“ getan habe, lasse ich gedanklich noch einmal alles vorbeiziehen, an das ich mich bei diesem langjährigen Patienten erinnern kann …



Blick auf Zeit und Geld

Ehrlich gesagt bin ich aber auch dankbar, als Tierarzt eine Leistung wie diese erbringen zu können. Die Euthanasie als letzte Möglichkeit darf jedoch lediglich dazu dienen, unheilbares Leiden eines Tieres abzukürzen und zu beenden. So will es auch der Gesetzgeber. Leider versuchen tatsächlich manche Tierhalter, eine solche Situation vorzutäuschen, nicht selten, um sich von den Aufwendungen für einen durchaus therapierbaren Krankheitszustand zu befreien und gleichzeitig ihr Gewissen zu beruhigen.


Das Tier soll dann unheilbar krank sein!? Hier klare Grenzen zu finden und sie dann auch konsequent umzusetzen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, mit der Tierärzte tagtäglich konfrontiert werden. Ich bitte deshalb jeden Tierfreund, sich der eigenen Verantwortung bereits vor der Anschaffung eines Tieres bewusst zu werden. Bitte berücksichtigen Sie bei der Auswahl eines Haustieres sowohl Ihre zeitlichen als auch finanziellen Möglichkeiten für eine altersentsprechende Versorgung auch im Krankheitsfall! Dabei kann mitunter auch eine entsprechende Versicherung hilfreich sein.


Christian Niederlein leitet seit 1996 seine Tierarztpraxis im nördlichen Saalekreis. Der 56-Jährige behandelt als praktischer Tierarzt, Tier-Chiro- und -Heilpraktiker gemeinsam mit seinem Team Pferde- und Kleintierpatienten. In dieser Kolumne schreibt er regelmäßig von seinen Tierabenteuern.

 
 
 

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