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Ein typischer Mai in der Tierarztpraxis

  • xaverlichtenberg
  • 19. Okt. 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Apr.

Echt tierisch Christian Niederlein berichtet von seinem Berufsalltag im Frühling.


Foto: pexels-ramon-fuentes-nieto
Foto: pexels-ramon-fuentes-nieto

Es ist ein Monat, der so ziemlich alles im Gepäck hat, was auf einen Tierarzt zukommen kann. Im Mai kommen viele Fohlen zur Welt, die Weidesaison beginnt und die Wiesen sind mit frischem Grün bewachsen. Es gibt mehr Verletzungen auf der Weide, und der Verdauungsapparat der Pferde muss sich erst an die Futterum-stellung gewöhnen. So treten vermehrt Koliken auf. Auch nach Geburten können schmerzhafte Koliksymptome entstehen.


Vor zwei Wochen entwickelt sich bei einer Stute aufgrund des übermäßigen Flüssigkeitsverlusts nach der Geburt ihres Fohlens eine Verstopfungskolik. Ich verabreiche Glaubersalz und Paraffinöl.


Außer den üblichen Medikamenten erhält sie eine Infusion mit Kochsalzlösung. Am nächsten Tag geht es ihr wieder gut. Beim Verabschieden sage ich der Besitzerin wie gewohnt, dass wir uns jetzt hoffentlich nicht so bald wiedersehen werden. Ich sollte mich irren!


Bereits einen Tag später ruft sie mich an, aber nun ist es ihre ältere Haflingerdame Mercedes, die ihr Sorgen bereitet. Anhand etwa der typischen Haltung und des vorsichtigen Gangs diagnostiziere ich bei ihr eine sogenannte Hufrehe. Das bedeutet einige Tage intensive Behandlung und anschließend noch lange Zeit der Nachsorge. Bereits nach wenigen Tagen zeigt sich aber schon eine deutliche Besserung. Mercedes hat Glück, bei ihr ist es bislang ein eher milderer Verlauf und wir können von der täglichen Behandlung zur Medikationsverabreichung durch die Besitzerin übergehen.


Ich verabschiede sie mit ähnlichen Worten wie zuvor und wünsche, dass wir uns nur zur Kontrolle der Patientin wiedersehen müssen. Leider wieder ein Irrtum. Bereits am Samstagnachmittag ruft mich die geplagte Dame erneut an. Diesmal liegt ihr circa 40-jähriges Shetlandpony auf der Koppel. Schnell steht fest, dass es besser ist, das Pferdchen von seinem Leiden zu erlösen. Ein Therapieversuch ist hier unangebracht.


Ich habe solch eine zufällige Häufung von Erkrankungen in einem kurzen Zeitraum bei einem Besitzer schon öfter erlebt, auch wenn die Pferdehaltung, wie hier, sehr vorbildlich organisiert ist. Erkrankungen kommen eben nicht gleichmäßig verteilt vor!


Weil wir schon bei Wiederholungen sind: Gleich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen werden mir zwei Hündinnen vorgestellt, die beide eine akute Gebärmutterentzündung haben und zeitnah operiert werden müssen. Zuvor aber müssen noch die wichtigsten Hausbesuche erledigt und alle stationären Pferde- und Kleintierpatienten behandelt werden. Da ich in dieser Woche als Tierarzt allein im Dienst bin, habe ich noch eine sehr lange Runde zu fahren, um die Pferdepatienten alle zu versorgen. Danach werden die Hündinnen jeweils erfolgreich operiert.


Der Männertag wird dann schon allein mit der Nachsorge der Patienten und den regulären Hausbesuchen zum vollen Arbeitstag. Am Freitag sind die Kleintiertermine schließlich vollständig ausgebucht. Am Wochenende sind es außer bestellten Kleintieren am Samstag wieder mehrere Kolikpatienten sowie zwei Pferde mit dicken Beinen und Fieber, die mich beschäftigen. So also sieht eine normale Maiwoche in einer Kleintier- und Pferdepraxis aus.


Christian Niederlein leitet seit 1996 seine Tierarztpraxis im nördlichen Saalekreis. Der 56-Jährige behandelt als praktischer Tierarzt, Tier-Chiro- und -Heilpraktiker gemeinsam mit seinem Team Pferde- und Kleintierpatienten. In dieser Kolumne schreibt er regelmäßig von seinen Tierabenteuern.

 
 
 

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